1. Mai 2017: Reden in Bülach & Dietikon

  • 01. Mai 2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Ganz herzlichen Dank für die heutige Einladung und ich freue mich sehr, hier bei Euch sein zu dürfen. Beim diesjährigen 1. Mai-Motto im Kanton Zürich liegt meinerseits besonders viel Herzblut drin: „GESUNDHEIT STATT PROFIT“.

Als Hausarzt, Nationalrat und Gewerkschafter gäbe es zu diesem Thema doch einiges zu sagen, aber ich beschränke mich aufs Wichtigste.

Und da komme ich gleich zum Punkt: unser neoliberaler Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger und die bürgerliche Mehrheit des Kantonsrates wollen das Kantonsspital Winterthur und die Integrierte Psychiatrie Winterthur privatisieren und verkaufen. Und das müssen wir verhindern, dazu brauche ich Eure Hilfe!

Die Entwicklung im Gesundheitswesen im Allgemeinen und in unserem Kanton sehr speziell bereitet mir grosse Sorgen. Und ich nehme es vorweg, meine Sorge beschränkt sich leider nicht nur auf das Gesundheitswesen und kann auf beliebig andere Branchen übertragen werden.

Ein Spital kann nach der Privatisierung nur auf dem Buckel des Personals sparen.

Der Gesundheitssektor entwickelt sich immer mehr zu einem sehr lukrativen Geschäft für private Investitionen. So kommt es immer häufiger vor, dass öffentliche Gesundheitseinrichtungen von privaten Investoren aufgekauft werden. Öffentliche Spitäler als wichtiger Grundpfeiler der medizinischen Versorgung, für mich ein typischer Service-Public, werden in Aktiengesellschaften umgewandelt. Das Schicksal der kranken Menschen gerät in die Hände profitorientierter Investorinnen und Investoren.

Die bisherige Betriebsphilosophie der Spitäler ändert sich. Wo bisher der Patient oder die Patientin im Mittelpunkt standen, kommt eine neue Dimension hinzu: Nicht mehr der kranke Mensch steht im Zentrum sondern der Gewinn in Franken und Rappen. Wohlgemerkt: Ich finde, Spitäler dürfen oder sollen sogar wirtschaftlich und effizient arbeiten, aber nicht profitorientiert. Das ist ein grosser Unterschied. Denn Profit bedeutet Kosten im Betrieb senken und die Einnahmen erhöhen.

Im Spital machen die Personalkosten ca. 70% der Ausgaben aus. Also ist es ganz klar: Ein Spital kann nach der Privatisierung nur auf dem Buckel des Personals sparen. Wir haben es schon mehrmals gesehen: Nach einer Spitalprivatisierung werden Stellen abgebaut und Personalkosten eingespart, egal was vorher versprochen wurde. Als Beispiel ist dies so bereits beim Kantonsspital Zug oder im Kanton Neuenburg passiert und es wird auch in Zukunft wieder geschehen. Das ist absurd! Stellenabbau und Überbelastung bei der Arbeit machen das Spitalpersonal selber krank und schaffen den Boden für Fehler bei der Behandlung der Patientinnen und Patienten. Das kann fatale Folgen haben!

Das zweite Problem bei der Profitsteigerung sind die Einnahmen. Wenn ein Spital mehr Geld verdienen muss, ist der Anreiz gross, immer mehr unnötige und teure Behandlung zu verordnen, denn das bringt Geld. So werden die kranken Menschen unnötigen Risiken ausgesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte merkt Euch: Sobald ein Krankenhaus gewinnorientiert arbeiten muss, geht dies zu Lasten des Personals und auf Kosten der Gesundheit der Patientinnen und Patienten! Somit ist für mich der Fall klar: Als Service-Public-Unternehmen gehört das Spital in die öffentliche Hand und darf nicht ein profitorientiertes Unternehmen sein.

Und was geschieht in unserem Kanton? Genau das Gegenteil! In knapp drei Wochen werden wir darüber abstimmen, ob das Kantonsspital Winterthur und die Integrierte Psychiatrie Winterthur privatisiert werden sollen. Es sind dies zwei Spitäler, die bestens funktionieren. Sie sorgen für eine hervorragende medizinische Betreuung in einem grossen Teil unseres Kantons. Im Vergleich zu privaten Spitälern betreiben sie keine Rosinenpickerei sondern arbeiten zum Wohle der gesamten Bevölkerung. Privatisierte Spitäler aber leisten nur das notwendige Minimum und sind sonst vor allem an privatversicherten Patienten interessiert, diese bringen Geld. Und obwohl unsere beiden Spitäler nicht profitorientiert arbeiten, hat das Kantonsspital Winterthur letztes Jahr einen Gewinn von fast 30 Millionen, ich wiederhole einen Gewinn von 30 Millionen Franken, gemacht.

Da würde man meinen: das ist doch perfekt. Ein Spital, das uns allen gehört, bei dem die demokratische Mitsprache möglich ist, das mehr als das Minimum leistet, macht es einfach richtig. Aber nein! Seit Jahren beharrt der freisinnige Gesundheitsdirektor auf seiner Meinung, dass mit unseren kantonalen Spitälern etwas nicht stimmt. Er will vorerst mal nur die beiden kantonalen Spitäler in Winterthur in eine Aktiengesellschaft umwandeln und später dann die Aktien verkaufen können. Seit Jahren wiederholt Regierungsrat Heiniger gebetsmühlenartig, der Kanton sei in einem Rollenkonflikt. Er könne nicht gleichzeitig Besitzer, Kontrollinstanz und Leistungsvergeber sein. Wieso denn nicht, Herr Heiniger? Falls Sie es noch nicht gemerkt haben: Beim Service public ist es halt einfach so! Es gehört zu Ihrem Job, Herr Heiniger, dass Sie verschiedene Hüte tragen können müssen! Wenn Sie das nicht können, machen Sie etwas falsch!

Bei der Polizei und der Schule ist es auch so, der Staat besitzt, regelt und kontrolliert. Oder sollen wir als nächstes auch die Polizei oder die Schulen privatisieren?

Die Aufgabe der Regierung ist es, für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu sorgen. Stattdessen wurden der Regierungsrat und mit ihm die bürgerliche Mehrheit im Kanton zu den Handlangern des privaten Kapitals und wollen meine Spitäler, unsere Spitäler verkaufen.

Dagegen wehre ich mich mit aller Kraft. Ich möchte doch nicht, dass in fünf Jahren unsere Spitäler von einer südafrikanischen Hirslandengruppe, von einer Bank oder gar von einem ausländischen Investitionsfonds aufgekauft werden. Denen ist die Gesundheit der Bevölkerung im Kanton ziemlich egal!

Und vielleicht spätestens jetzt habt Ihr es bemerkt: Es geht immer um das Gleiche, nicht nur im Gesundheitswesen. Wer das Kapital hat, will das Sagen haben, will den Gewinn maximieren und will keine Mitsprache von Bevölkerung und Personal. Und es ist ihnen egal, ob es auf Kosten unserer Gesundheit ist.

Genau deshalb gehen wir heraus am 1. Mai. Heute zum 127. Mal. Der 1. Mai ist das einzige Fest, das weltweit in allen Kulturen gefeiert wird. Und ich bin stolz und auch immer wieder gerührt, weil ich ein Teil dieser Bewegung sein darf. Ich bin stolz darauf, dass wir auf der ganzen Welt auf die Strasse gehen, dass wir gemeinsam für eine gerechtere und sozialere Gesellschaft kämpfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Gemäss dem heutigen Motto –GESUNDHEIT STATT PROFIT – kämpfen wir weiterhin für einen starken Service public, gegen die Ausbeutung der Arbeitnehmenden und gegen Arbeitsbedingungen, die sie krank machen. Und wer es noch nicht getan hat, macht es wie ich: Ich stimme am 21. Mai 2 x Nein zu den Spitalprivatisierungen, ich lasse doch nicht meine, unsere Gesundheit verkaufen!

Ich wünsche allen einen schönen 1. Mai. Herzlichen Dank!

Links ins Internet

1. Mai-Feier 2017 in Bülach
1. Mai-Feier 2017 in Dietikon
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